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Dinge reparieren statt wegwerfen

Beim nächsten Repair Café, das am 8. Februar 2025 in der Stiftung Lindenhof stattfindet, können Besucherinnen und Besucher erneut defekte Geräte und Gegenstände mitbringen und von versierten Helferinnen und Helfern reparieren lassen. Nicole Baumann, das Herz des Langenthaler Repair Cafés, erklärt, warum es die schweizweit organisierte Reparaturreihe dringend braucht und was das mit der neuen Konzernverantwortungsinitiative zu tun hat.

 

Unter der Leitung von Werner Maag (ganz links) sammelt Nicole Baumann vom Repair Café (mit pinkem Halstuch) zusammen mit anderen Unterstützerinnen und Unterstützern Unterschriften für die neue Konzernverantwortungsinitiative. – Bild: Patrick Jordi
Unter der Leitung von Werner Maag (ganz links) sammelt Nicole Baumann vom Repair Café (mit pinkem Halstuch) zusammen mit anderen Unterstützerinnen und Unterstützern Unterschriften für die neue Konzernverantwortungsinitiative. – Bild: Patrick Jordi

 

Dieser Artikel ist am 24. Januar 2025 in der Lokalzeitung Unter-Emmentaler erschienen.

 

Es ist ein klirrend kalter Morgen, als Nicole Baumann sich mit einer Handvoll Kolleginnen und Kollegen vor dem Choufhüsi in Langenthal postiert. Der 11. Januar 2025 ist frostig, doch die Energie in der kleinen Gruppe ist spürbar. Mit Unterschriftenbögen in der Hand sprechen sie Passantinnen und Passanten an, die sich in dicken Mänteln gegen die Kälte schützen. «Guten Morgen, möchten Sie sich für mehr Verantwortung von Konzernen einsetzen?», fragt Baumann lächelnd. Manche zögern, andere bleiben stehen und setzen ihre Unterschrift.

Die Gruppe sammelt für die neue Konzernverantwortungsinitiative. Sie fordert, dass Schweizer Unternehmen weltweit Menschenrechte und Umweltstandards einhalten. Baumann erklärt: «Es gibt Konzerne, die ihre Profite über alles stellen. Mit dieser Initiative wollen wir sicherstellen, dass sie für Schäden an Menschen und Umwelt zur Verantwortung gezogen werden.» Detaillierte Informationen zur Initiative finden sich in der Infobox ganz unten.

Doch Baumann engagiert sich nicht nur für die Initiative. Als Kopf des Repair Cafés Langenthal sieht sie in regelmässigen Abständen, wie der Ressourcenverschleiss vieler Konzerne das Leben der Menschen beeinflusst. «Viele Produkte, die zu uns ins Repair Café gebracht werden, sind so gebaut, dass sie nach kurzer Zeit unbrauchbar sind», sagt sie. «Das ist frustrierend – und genau das wollen wir ändern.» Was Repair Cafés für die Nachhaltigkeit leisten, erklärt eine zweite Infobox, siehe zweitunterster Abschnitt.

 

Vom Experiment zum festen Bestandteil

 

Das Repair Café Langenthal gibt es seit August 2017. «Damals starteten Karin Haas und Sibylle Steinmann auf dem Porzi-Areal, im Pavillon der Tanzschule», erzählt Baumann, die seit der Gründung dabei ist. «Es war ein guter Anfang, aber der Ort war etwas peripher. Viele Leute kamen nur gezielt und nicht spontan.»

Nach einigen Jahren wechselte das Café in die Innenstadt, wo es mehrere Stationen hatte: Das Old Capitol, die Alte Mühle und schliesslich die Grüne Halle. «Die Grüne Halle war ein Traum», schwärmt Baumann. «Helles Licht, viel Platz, und dieser Industriecharme – das passte perfekt.» Heute findet das Repair Café in der Stiftung Lindenhof statt, zentral gelegen und leicht erreichbar. «Wir sind sehr dankbar, dass sich die Leitung des Lindenhofs dazu bereiterklärt hat, uns einen Raum zur Verfügung zu stellen», sagt Nicole Baumann.

 

Gemeinschaftlich reparieren

 

Das Repair Café Langenthal öffnet drei- bis viermal jährlich seine Türen. Die Veranstaltungen sind gut besucht, durchschnittlich 20 Personen bringen ihre defekten Geräte vorbei. «Wir hatten aber auch schon Rekorde», erinnert sich Nicole Baumann. «Einmal kamen 45 Besucher mit 60 Gegenständen. Das war toll, aber unsere Helferinnen und Helfer mussten im Akkord arbeiten.»

Das Kernteam besteht aus zirka neun Ehrenamtlichen, die ihre Fähigkeiten und ihre Zeit unentgeltlich zur Verfügung stellen. Jeder hat sein Spezialgebiet: IT-Geräte, Mechanik oder Textilien. «Wir haben sogar eine Näherin vor Ort», sagt Baumann. Mit einem 3D-Drucker können gewisse Ersatzteile hergestellt werden. Darauf verlassen darf man sich aber nicht. Nicht selten scheitert eine Reparatur an fehlenden Ersatzteilen. «Wenn die Besitzer vorher anrufen und das richtige Teil mitbringen, können wir viel reparieren», erklärt Baumann. «Sonst sind uns manchmal die Hände gebunden – oder die Leute müssen bis zum nächsten Repair Café warten. Bis dahin kann das fehlende Ersatzteil bestellt oder eben hergestellt werden.»

Im Durchschnitt gelingt es dem Team, etwa ein Drittel der defekten Gegenstände zu reparieren. Die Bandbreite ist gross: Von Kaffeemaschinen über Staubsauger bis hin zu Kleidungsstücken wird alles bearbeitet. «Es ist immer spannend, welche Geräte und Gegenstände die Leute mitbringen», sagt Baumann, die ihres Zeichens für die Grünliberale Partei politisiert und seit 2024 Mitglied des Langenthaler Stadtrats ist (neu auch noch Co-Fraktionspräsidentin GLP/EVP).

 

Herausforderungen und Highlights

 

Die Arbeit im Repair Café ist nicht immer einfach. «Manche Leute haben hohe Erwartungen, obwohl wir ehrenamtlich arbeiten und keine Garantie geben können», erzählt Baumann. «Das kann manchmal frustrierend sein, vor allem wenn sie nichts spenden, wenn eine Reparatur nicht gelingt.» Doch das Engagement lohnt sich: Viele Besucherinnen und Besucher sind dankbar, wenn ihre Geräte gerettet werden, und unterstützen das Café grosszügig mit Spenden.

So kann es sich das Team «leisten», ein- bis zweimal pro Jahr gemeinsam einen Brunch zu geniessen – ein Highlight für die fleissigen Helfenden. Das stärkt den Zusammenhalt im Team und ist eine Art Lohn für die geleistete Arbeit.

 

Engagement mit Herz

 

Nicole Baumann ist das Herz des Repair Cafés. Neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit in der Bahnhofapotheke Langenthal investiert sie viel Zeit in die Organisation der Veranstaltungen. «Es ist nicht extrem viel Aufwand, aber man muss dranbleiben», sagt sie. «Ich finde es wichtig, dass wir Menschen eine Alternative zur Wegwerfgesellschaft bieten.»

Für Baumann steht fest, dass das Repair Café ein wertvoller Beitrag zu einer nachhaltigeren Welt ist. «Wenn wir Menschen ermutigen können, Dinge zu reparieren statt wegzuwerfen, ist das ein Erfolg. Es geht um mehr als nur Geräte – es geht um unsere Haltung zur Welt.»


Gut zu wissen:

Das nächste Repair Café in Langenthal findet am Samstag, 8. Februar 2025, von 9:00 bis 14:00 Uhr am neuen Standort in der Stiftung Lindenhof an der Ringstrasse 25, 4900 Langenthal statt. Für Fragen steht Nicole Baumann unter 079 296 27 80 oder baumann-nicole@bluewin.ch zur Verfügung. Hinweis: Aufgrund des ehrenamtlichen Charakters kann es zu Wartezeiten kommen. Diese lassen sich im gemütlichen Bistro der Stiftung Lindenhof bei Kaffee und Kuchen gut überbrücken.

 

Repair Cafés in der Schweiz

Repair Cafés sind ehrenamtlich organisierte Treffen, bei denen defekte Gegenstände repariert werden können. Die Bewegung entstand 2014 durch den Konsumentenschutz und hat sich seither rasant entwickelt.

In der Schweiz gibt es derzeit 233 Repair Cafés, die jährlich über 16’000 Reparaturen durchführen. Mit mehr als 800 Veranstaltungen pro Jahr schaffen sie eine Alternative zur Wegwerfmentalität und setzen ein Zeichen für Nachhaltigkeit.

Besucherinnen und Besucher können ihre defekten Geräte mitbringen und unter Anleitung reparieren. Die Reparaturen sind kostenlos, Werkzeuge werden zur Verfügung gestellt. Finanziert wird das Angebot ausschliesslich durch freiwillige Spenden. Repair Cafés fördern nicht nur die Reparatur von Gegenständen, sondern auch den sozialen Austausch und die Wertschätzung für Ressourcenschonung.


Die neue Konzernverantwortungsinitiative

Die neue Konzernverantwortungsinitiative setzt sich für eine weltweite Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards durch Schweizer Unternehmen ein. Sie fordert, dass Konzerne für Verstösse haftbar gemacht werden, auch wenn diese im Ausland stattfinden.

Die Initiative knüpft an eine ähnliche Vorlage an, die 2020 am Ständemehr gescheitert war. Dieses Mal soll sie durch breite Unterstützung in kürzerer Zeit realisiert werden. Im Januar 2025 findet eine intensive Unterschriftensammlung statt, mit dem Ziel, die nötigen 100’000 Unterschriften innerhalb eines Monats zu erreichen.

Kritiker der Initiative argumentieren, dass Schweizer Unternehmen bereits heute verantwortungsvoll handeln. Befürworter hingegen betonen, dass freiwillige Massnahmen nicht ausreichen, um Missstände zu beheben.


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