Marcel «Masi» Marti und seine langjährige Wegbegleiterin und Partnerin Rita Soom sind in Langenthal und darüber hinaus zum festen Begriff geworden. Bestens bekannt ist der 51-Jährige aber auch wegen seiner Kochkünste, seiner Musik und – natürlich – dank seines fotografischen Talents. Seit 1989 erstellt Masi Fotografien. Charakteristisch für seine Bilder ist ein künstlerischer, unkonventioneller Ansatz. Ende November wurde ein eindrücklicher Fotoband über Masis Arbeit der letzten 35 Jahre eingeweiht.
Dieser Artikel ist am 6. Dezember 2024 in der Lokalzeitung Unter-Emmentaler erschienen.
«Wenn die Menschen müde werden, kommt er in die Gänge, denn ihm gehört die Nacht. Und wenn bei uns der Toast spickt und der Kaffee duftet, dann legt er sich zu Bett. Tag für Tag, Nacht für Nacht.» Mit diesen Worten führt Herausgeber Daniel Gaberell in das Masi-Fotobuch ein. Es ist ein bildstarkes, grosszügiges Werk. Schnappschüsse, Selbstporträts, vielschichtige Aufnahmen, Ruhe vermittelnde Leerräume, Bilder aus fremden Welten – alles vereint und clever arrangiert auf knapp 240 Seiten.
Tönt nach viel, ist aber für jedermann und jedefrau gut verträglich. Und eignet sich überdies für Lesemuffel. Denn das geschriebene Wort spielt in der Publikation eine untergeordnete Rolle. Anschauen statt Lesen lautet das Motto. Allerdings: Die wenigen Texte, verfasst von Beat Hasler – Freund und Wegbegleiter von Masi –, ergänzen die Fotografien sehr gut und sind informativ. Besonders die biografischen Abschnitte im hintersten Teil des Buches liefern auf wenigen Seiten spannende Details und zeichnen ein stimmiges Porträt von Marcel Marti.
Augen auf Masi gerichtet
Beat Haslers Textpassagen dürften besonders jene ansprechen, die sich – sei es aus voyeuristischem Interesse oder ehrwürdigem Antrieb – schon länger für den 51-jährigen Künstler und Tausendsassa interessieren. Masi zählt in Langenthal, soweit das in der «Metropole des Oberaargaus» möglich ist, zur Lokalprominenz – gemeinsam mit Rita Soom, seiner «guten Seele» und langjährigen Partnerin. Im Ort sind ihre Rufnamen «Rita und Masi» als feststehende Kombination bekannt. Was die beiden anpacken oder bewusst unterlassen, bleibt für viele Langenthalerinnen und Langenthaler nach wie vor interessant – sei es in persönlicher Hinsicht oder im Hinblick auf ihr Schaffen. So findet auch das Masi-Fotobuch entsprechende Beachtung.
Nachtaufnahmen und vieles mehr
Nachtmenschen waren Rita und Masi zu Corona-Zeiten; aber auch schon vorher, beispielsweise während ihrer Ära als Gastro-Unikate im La Piazzetta. Kein Wunder also, haben es auch einige Nachtaufnahmen aus dem Œuvre des Künstlers in das Buch geschafft.
Doch Masi kann auch am Tag: Wegen der Fotografie mache er Ausnahmen und begebe sich ab und zu auch tagsüber auf Reisen, schreibt Herausgeber Daniel Gaberell über den Künstler. «Der Alltag ist sein Ding, die Menschen sind es auch, die Schwarzweissfotografie, die Kultur und das Unterwegssein. Zum Beispiel in Langenthal, im Oberaargau oder in Berlin und in den USA», heisst es im Vorwort weiter. Er sei auch Musiker, ein exzellenter Koch, sei Restaurantbetreiber und Sommerkinoorganisator gewesen – nachtaktiv, tagpassiv. «Das ist Masi Marcel Marti, geboren 1973 in Aarwangen, heute in Langenthal daheim. Und das hier ist eine Auswahl seiner Fotografien.»
Wie unglaublich gross der Bilderfundus mit Blick auf die Realisierung des Buchprojekts gewesen sein musste, wurde anlässlich der Buch-Vernissage in der Galerie von Goldschmied Christoph Flück klar: Die mit dem Buchlayout beauftragte Langenthaler Grafik- und Designagentur P'INC, vertreten durch Patrick Sigrist, hatte das Vergnügen gehabt, von Masi eine Festplatte mit gegen 2000 Bildern entgegenzunehmen. «Mut zum Verzicht» sei sein Motto während des Gestaltungsprozesses gewesen, so Patrick Sigrist. Die Auswahl sei ihm alles andere als leicht gefallen. Letztlich habe er sich überwiegend für Fotografien entschieden, die jeweils eine eigene Geschichte erzählen, sagte das Geschäftsleitungsmitglied von P’INC vor den vielen Gästen, die Ende November zur Buchvernissage gekommen waren.
Betrachter dürfen frei interpretieren
Die Fotografie begleitet Masi seit seiner Schulzeit in Aarwangen, wo erste Schnappschüsse mit einer analogen Kamera entstanden mitsamt dem ganzen Prozess der Entwicklung und Vergrösserung der Abzüge. Während der Lehre entdeckte er die Polaroid-Kamera. Diese spontanen Aufnahmen mit Schnellzugriff wurden abgelöst durch eine digitale Ricoh Gr2, der nach Aussage von Masi die erste Traumkamera folgte, nämlich eine digitale Leica M10, gefolgt von einer analogen Leica M3. «In einer vorwärtsdrängenden und volldigitalisierten Welt entwickelte sich der Fotograf hier rückwärts ... oder doch nicht?», fragt Autor Beat Hasler in einem seiner Abschnitte rhetorisch. Die Sammlung sei mit einer Hasselblad 500 C/M komplettiert worden (austauschbar analog und digital).
«Mit diesen Werkzeugen hat Masi festgehalten, was ihm festhaltenswert erscheint, und so liegt uns nun eine Auswahl an wunderschönen Aufnahmen vor, die zum Schauen, Innehalten und zur Interpretation durch uns selber einladen», urteilt Beat Hasler, der zusammen mit Musiker Tom Küffer und «Hausherr» Christoph Flück als Band «Tadpoles» die Gäste anlässlich der Vernissage bestens zu unterhalten wusste.
Gut zu wissen:
Fotografien von Marcel «Masi» Marti, Fotoband, 240 Seiten, 210 x 280 mm, Fadenheftung, Klappenbroschur, ISBN 978-3-907437-12-4, Preis: 32 Franken, erhältlich beim Herausgeber-Verlag sowie im lokalen Buchhandel.
Einige der Fotografien werden aktuell in der Galerie der Goldschmiede Flück am Mühleweg 12 in Langenthal ausgestellt (noch bis am 18. Januar 2025). Öffnungszeiten der Ausstellung auf www.goldschmiede-flueck.ch/aktuell.
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