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Kultur im Stöckli: Zehn Jahre voller kreativer Erlebnisse

Die Langenthalerin Saima Sägesser kann mit ihrem Herzensprojekt Kultur im Stöckli (KiS) eine beeindruckende Bilanz ziehen: Zehn Saisons von 2015 bis 2024, 22 Ausgaben, 86 Programmpunkte, eine Pandemie, zwei Off-Season-Programme, über 1000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit, mehr als 100 Kunstschaffende und gefühlt eine Million schöne Erlebnisse und Erinnerungen. Nun kommt KiS nach zehn Jahren zu einem Abschluss – mit einer ganz besonderen Gruppenausstellung am 18. Oktober 2024 (ab 19 Uhr).

 

Saima Sägesser (30) beendet nach zehn Jahren ihr Herzensprojekt.
Saima Sägesser (30) beendet nach zehn Jahren ihr Herzensprojekt.

 

Dieser Artikel ist am 11. Oktober 2024 in der Lokalzeitung Unter-Emmentaler erschienen.

 

«Ein Drittel meines Lebens widmete ich Kultur im Stöckli», erzählt Saima Sägesser. Sie lässt dabei einen gewissen Stolz durchblicken. Ein Stolz, der durchaus berechtigt ist, wenn man auf das Geleistete zurückblickt.

Die heute 30-Jährige ist derzeit Langenthals amtierende Stadtratspräsidentin. Als bisherige SP-Stadträtin kandidiert sie bei den bevorstehenden Gesamterneuerungswahlen sowohl für Langenthals Parlament als auch für den Gemeinderat. Zur Person von Saima Sägesser gehört aber längst nicht nur ihr politisches Engagement, sondern insbesondere auch jenes für die Kultur.

Dafür ist sie in Langenthal und darüber hinaus bekannt. Eng mit Saima Sägesser verbunden ist daher auch Kultur im Stöckli – die Kulturinitiative, die untrennbar mit dem kleinen Gewölbekeller-Lokal an der Wuhrgasse 2 verknüpft ist. Ein Mini-Keller, der direkt neben der Gschänk-Chratte und vis-à-vis des Chrämerhuus liegt.

 

Keller in familieneigener Liegenschaft

Kultur im Stöckli existiert seit nunmehr zehn Jahren. Per 18. Oktober 2024 will Saima Sägesser ihr Herzensprojekt jedoch beenden. Zum 10-Jahr-Jubiläum, das gleichzeitig auch ein Abschluss sein wird, blickt die engagierte Langenthalerin zurück: «2015 kam mir die zündende Idee: Warum nicht im Sägesser-Stöckli, in dem ich lebte und das meiner Familie gehört, ein kleines Kulturlokal einrichten?»

Die älteste Tür des Stöckli erkennt man an der Rahmung aus dicken Holzbalken, die mit der eingeritzten Jahreszahl 1875 verziert ist. Mit einem alten, riesigen Eisenschlüssel lässt sich die Tür zum Gewölbekeller aufschliessen. Der Schlüssel wurde dann auch zum Markenzeichen von Kultur im Stöckli.

«Der Keller war voll mit Gerümpel, Müll und alten Fahrrädern. Dieser Raum, mit seiner gewölbten Decke, den Ziegeln und Sandsteinwänden sowie den sichtbaren Rohren und Leitungen, hat Potenzial – das war mir damals sofort bewusst», erzählt Saima Sägesser.

 

Nachwuchsförderung als Ziel

Alles musste raus. Sie liess Stromleitungen legen und strich die Wände weiss. Fertig sei er dann gewesen, der Kellerraum für Kultur im Stöckli. «Ich fing an, für die warmen Monate ein Programm zu gestalten. Die ersten Jahre fast jedes zweite Wochenende, heute noch einmal im Monat von Mai bis Oktober», berichtet Sägesser. Von Anfang an sei die Nachwuchsförderung zentral gewesen. Der Raum sollte eine Plattform bieten für Experimente, auch fürs Scheitern, aber vor allem für erste kleine Erfolge in der Laufbahn von jungen Kunst- und Kulturschaffenden. Musik, Literatur, bildende und performative Künste sollten hier Platz finden und einem Publikum begegnen, das vielfältiger nicht sein könnte.

«Die Lage in der Wuhrgasse, ohne Verkehr, aber mit vielen Passantinnen und Passanten, trägt dazu bei, dass es viele Menschen über die Schwelle – oder besser gesagt: die Treppe hinunter – schaffen, um sich auf Dinge einzulassen, die für sie nicht alltäglich sind. Statt Eintritt zu verlangen, animiere ich aktiv, einen Blick in den kleinen Raum zu werfen und baue so Hemmschwellen ab», erzählt Saima Sägesser weiter. Auf diese Weise seien die Kultur-im-Stöckli-Abende mit der Zeit zu einem bekannten Treffpunkt für ein Stammpublikum, Freundinnen und Freunde, Familie, Künstlerinnen und Künstler sowie «Gwungernasen» geworden. «Die Wuhrgasse als Mikrokosmos, mit plaudernden Menschen auf Stühlen sitzend und diskutierend, fühlte sich zeitweise so an wie Ferien in einer südländischen Altstadt», schwärmt Sägesser heute, ein Fazit ziehend.

 

Regionale Kunstschaffende profitierten

Über die Jahre erhielt das Programm von Kultur im Stöckli immer mehr einen roten Faden. Die Künstlerinnen und Künstler kamen aus dem Netzwerk von Saima Sägesser, das sich stetig erweiterte – sei es, weil sie eine vorherige KiS-Veranstaltung besuchten, oder, weil der Langenthaler Kuratorin die Namen der Kunstschaffenden zugetragen wurden. Es waren vor allem Künstlerinnen und Künstler aus Langenthal sowie der Region – aber auch internationale Musikerinnen und Musiker sowie Tänzerinnen und Tänzer präsentierten ihr Schaffen im Kellerraum.

2018 wurde Saima Sägesser für ihr Schaffen mit Kultur im Stöckli von der Burgergemeinde Bern mit dem Prix Effort ausgezeichnet und erhielt 6000 Franken. Zusammen mit ein paar Beiträgen von Gönnerinnen und Gönnern zehrt sie noch heute von dieser Summe, um den Künstlerinnen und Künstlern Materialkosten zu erstatten oder kleine Gagen zu zahlen.

Nun, nach zehn Jahren, kommt das Projekt zu einem Ende. «Ich konnte mich mit Kultur im Stöckli ausgiebig austoben, einerseits kuratorisch, andererseits auch selbst im künstlerischen Bereich. Ich gab einem Teil des Langenthaler Schaffens eine Kulturnische und schuf für mich und viele andere einen Wohlfühlort», ist sich Saima Sägesser sicher.

 

Schön, aber aufwändig

Wenn so etwas Erfolgreiches wie Kultur im Stöckli zu Ende geht, kommt natürlich die Frage auf, weshalb. Dazu Saima Sägesser: «Nach zehn Jahren scheint ein guter Zeitpunkt gekommen, um das Kapitel abzuschliessen.» Sie habe mit Kultur im Stöckli ein eigenes Projekt von A bis Z konzipiert und umgesetzt. Mit anderen Worten: Saima Sägesser fragte die Künstlerinnen und Künstler selbst an, organisierte mit ihnen zusammen die Events, kuratierte das gesamte Saisonprogramm und verantwortete die Gesamtdramaturgie von KiS, schrieb die Werbetexte selbst, betrieb die Social-Media- und Newsletter-Kommunikation, baute zusammen mit den Künstlerinnen und Künstlern die Ausstellungen oder die Bühnensituation auf (und wieder ab), agierte an den Veranstaltungen als Gastgeberin und so weiter.

«Das alles hat sehr viel Spass gemacht, war aber auch entsprechend zeit- und energieintensiv», blickt Sägesser zurück, «KiS war genau so, wie es war, richtig gut: ein Experimentierfeld für mich und die Künstlerinnen und Künstler, eine (Nachwuchs-)Plattform, ein Ort für Nischenkultur, eine Veranstaltungsreihe für ein offenes und diverses Publikum. Das darf dann, wenn es am schönsten ist, zu Ende gehen», bilanziert Saima Sägesser.

 

Energie für neue Projekte

Eine Nachfolge zu suchen ist für die 30-Jährige keine Option. Zu eng sei die Bindung von KiS als Projekt an ihre Person. Für Sägesser selbst bedeutet dieser Schritt nun, dass sie mehr Zeit haben wird, selbst an Veranstaltungen teilzunehmen. «Ich werde Energie für neue Projekte haben, vielleicht auch selbst wieder gestalten.» Die vielen schönen Events würden ihr bestimmt in guter Erinnerung bleiben, dafür werde zuletzt auch der Anlass am 18. Oktober sorgen (siehe Infobox unten), in dessen Rahmen diverse KiS-Künstlerinnen und -Künstler sowie Besucherinnen und Besucher ein letztes Mal zusammenkommen werden, um die Nischenkultur in Langenthal zu feiern.

Kultur im Stöckli als Veranstaltungsort werde es in dieser Form in Zukunft zwar nicht mehr geben, doch natürlich bleibe das Netzwerk bestehen – und sie sei schon sehr gespannt darauf, zu sehen, wohin es die verschiedenen Künstlerinnen und Künstler treiben werde, sagt Saima Sägesser. «Viele konnten bei KiS ihre erste Soloausstellung machen und so erste Erfahrungen sammeln. Auch ich habe dabei viel gelernt und kann mir gut vorstellen, mein Wissen zu Produktion, Veranstaltung, Kommunikation, Bewirtung und Kuration anderweitig einzusetzen – für den Moment aber nicht mehr in einem eigenen Projekt.»

 


10 Jahre Kultur im Stöckli

Eine Gruppenausstellung als krönender Abschluss

Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums von Kultur im Stöckli erwartet die Besucherinnen und Besucher eine spannende Gruppenausstellung, die einen Rückblick auf die vergangenen Jahre bietet und die Vielfalt der Künstlerinnen und Künstler präsentiert. Alle in den letzten zehn Jahren mitwirkenden Künstlerinnen und Künstler wurden eingeladen, an dieser besonderen Ausstellung zum Abschluss von KiS teilzunehmen. Die Rückmeldungen dazu waren sehr positiv. An der Gruppenausstellung vom 18. Oktober 2024 (ab 19 Uhr) beteiligen sich folgende Personen:

  • Lisa Laser
  • Silas Bitterli
  • Isabella Joss
  • Sinja Bertschi
  • Markus Aebersold 
  • Nico Kurzen
  • Dominik Moret & Basil Leuthold
  • Kurt Baumann 
  • Dominique Kohler
  • Noëmie Gamma
  • Lücke
  • Rebecca Frey
  • Felix Ott
  • Samira Ingold

 

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