Die Demokratie in der Schweiz ist gefestigt und die Politikerinnen und Politiker geniessen eine hohe Anerkennung bei der Bevölkerung. Erst kürzlich hat eine OECD-Studie gezeigt, dass die Schweiz bezüglich Vertrauen in die Politik und Regierung kaum Defizite aufweist, ganz im Gegensatz zum umliegenden Ausland. Können wir uns also beruhigt zurücklehnen und weitermachen wie bisher? Nein, findet Tobias Hauser aus Langenthal. Der 38-Jährige hat die Plattform Vox Natio ins Leben gerufen. Ein Porträt über ein privates politisches Engagement.
Dieses Porträt ist am 27. August 2024 auch im Unter-Emmentaler erschienen.
«Stillstand bedeutet Rückschritt. In der heutigen Zeit haben wir viele neue Möglichkeiten, um die Demokratie noch direkter zu leben». Diese Ansicht vertritt der 38-jährige Langenthaler Tobias Hauser, der Optimierungen in den politischen Prozessen anstrebt. Dank der hohen Informationsdichte der Gesellschaft und der einfachen digitalen Kommunikation sieht er hierzulande grosses Potenzial für die direkte Mitsprache der Bevölkerung bei politischen Entscheiden. Hauser hat dafür die Plattform Vox Natio geschaffen, auf welcher alle Menschen in der Schweiz jede Woche über gesellschaftsrelevante politische Themen abstimmen können (www.voxnatio.ch).
Hauser, der als Teamleiter bei den SBB arbeitet, will damit die politische Teilhabe der Bevölkerung stärken und damit das bestehende Vertrauen zwischen Volk und Politik ausbauen. Dass er mit der Plattform neues Terrain der Politik betritt, ist sich Hauser bewusst: «Als parteiloser, politikinteressierter Bürger habe ich erkannt, dass die Hürden für eine politische Teilhabe relativ gross sind und sie sich auf die wenigen Volksabstimmungen und Wahlen beschränken.»
Warum es Vox Natio braucht
Diesbezüglich stellt sich unweigerlich die Frage, ob die direkte Demokratie in der Schweiz nicht ausreicht, um die Bevölkerung in die politischen Entscheide einzubeziehen. Hauser weiss die Errungenschaften der aktuellen politischen Instrumente zu schätzen, verweist jedoch auf den Umstand, dass sich die Bevölkerung in der Schweiz zu nur ungefähr 0.8 Prozent aller im nationalen Parlament behandelten Geschäfte äussern kann. Konkret: Die Politikerinnen und Politiker des Nationalrats können in ihrer vierjährigen Legislatur über rund 4500 Dossiers abstimmen. Die Bevölkerung hingegen kann in dieser Zeit «nur» über rund 35 eidgenössische Volksabstimmungen befinden.
«Mit Vox Natio haben die Bürgerinnen und Bürger eine neue Möglichkeit, aktiv am politischen Leben teilzunehmen und direkt abzustimmen.» Tobias Hauser begründet diese Erhöhung der Beteiligung mit der Fiskalquote von fast 30 Prozent und dem wachsenden Einfluss der politischen Entscheide auf unser Leben. Dieser Einfluss ist ersichtlich, wenn man die Abstimmungen auf seiner Plattform überfliegt: Tempo 30, Drittes Geschlecht, Wolf-Abschuss, Glocken-Initiative, Ferien für Lernende, Milchimport, Eizellenspende und viele weitere gesellschaftsrelevanten Themen.
Nutzen für Volk und Politik
Im noch stärkeren Einbezug der Bevölkerung am politischen Prozess mit Vox Natio sieht Hauser Vorteile für die ganze Nation. Durch regelmässigere Abstimmungen von parlamentarischen Vorstössen können Bürgerinnen und Bürger den politischen Einfluss auf ihr Leben beeinflussen, sie bringen sich aktiv in die Debatten ein und verankern die Politik in der Mitte der Gesellschaft. Zeitgleich können die Politikerinnen und Politiker daraus direkt einen Nutzen ableiten, indem sie die Abstimmungsergebnisse als Legitimation ihrer Vorstösse nutzen, den Austausch mit der Bevölkerung pflegen und die Bekanntheit ihrer Anliegen vergrössern. Das führt gemäss Hauser zu einer beidseitigen Zufriedenheit und stärkt das Vertrauen zwischen Politik und Gesellschaft zusätzlich: «Wir gestalten eine Zukunft, in der jeder Mensch eine Stimme hat und politische Entscheidungen gemeinsam getroffen werden», so der 38-Jährige.
Obwohl es sich nach einer Umwälzung der politischen Prozesse anhört, erachtet Hauser seine Plattform als Weiterentwicklung der politischen Instrumente. Er lobt die Politikerinnen und Politiker, welche die wöchentlichen Resultate sehr wertschätzend entgegennehmen: «Ziel ist, dass das Resultat von der Politik wahrgenommen und als Auftrag von der Bevölkerung angesehen wird.» Noch hat er das Ziel eines repräsentativen Resultats nicht erreicht, aber Hauser ist überzeugt davon, dass sich die Leute einbringen werden. Die positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung und der Politik motivieren ihn, die Plattform weiterzuentwickeln und das Team auszubauen. Er ist überzeugt davon, dass Vox Natio stetig an Wichtigkeit gewinnen wird und damit die Politik und das Volk näher zusammenrücken werden. Spätestens in diesem Zustand könne festgestellt werden, dass die Politik gemeinsam gestaltet wird, meint er.
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