Das ehemalige Kinderheim Schoren verwandelte sich in den vergangenen 13 Jahren unter der Leitung von André Chavanne in eine zeitgemässe, bedarfsorientierte gemeinnützige Organisation und eine attraktive Arbeitgeberin. Weil Chavanne nun per Ende August vorzeitig in Rente geht, hat per 1. Juli 2024 ein Leitungswechsel in der Führung der Schoio AG Langenthal stattgefunden. Neu zeichnet ein Geschäftsleitungsteam für die Geschicke der Schoio AG verantwortlich.
Dieser Artikel ist am 16. Juli 2024 im Unter-Emmentaler erschienen.
«Mit einem lachenden und einem weinenden Auge darf ich per Ende August 2024 vorzeitig in Rente gehen», sagt Schoio-Geschäftsführer André Chavanne. Lachend deshalb, weil er die Leitung der Organisation in die Hände eines erfahrenen und kompetenten Teams übergeben darf. Und weinend daher, weil er die Familienhilfe in gewissen Bereichen unter Druck sieht. «Ich verlasse Langenthal auch mit Sorge, weil die Niederschwelligkeit in der Familienhilfe für die Betroffenen abgenommen und die Komplexität im Zugang zu Hilfeleistungen zugenommen hat», sagt André Chavanne weiter.
Zeiten des Kinderheims sind passé
Es ist ein herausforderndes und sich stetig wandelndes Umfeld, in welchem sich die Organisation des ehemaligen Kinderheims Schoren bewegt. Die klassische Funktion des Wohnens und der stationären Betreuung von Kindern und Jugendlichen existiert in der Liegenschaft an der Dorfgasse 81, hoch über den Dächern von Langenthal, zwar nach wie vor. Ein «Kinderheim» im eigentlichen, traditionellen Sinne – so, wie man es sich landläufig vielleicht immer noch vorstellen mag – ist die Organisation allerdings schon lange nicht mehr. 2013 wurde der Wechsel vom Kinderheim zur Schoio-Familienhilfe vollzogen.
Damit startete man in eine neue Ära. Weniger Unterbringungs- und Erziehungsmassnahmen im stationären Bereich, dafür mehr bedarfsorientierte Hilfe und Unterstützung im ambulanten Bereich. «In der 113-jährigen Geschichte des Kinderheims Schoren waren die vergangenen zwölf Jahre geprägt vom Wandel der Zeit und von organisationalen Transformationsprozessen. So präsentiert sich die heutige gemeinnützige Aktiengesellschaft mit vier eigenständigen Fachbereichen, die sich am Bedarf in der Familienhilfe orientieren und Dienstleistungen im Kindesschutz, in der besonderen Volksschulbildung – mit schulergänzenden Massnahmen – und in der interdisziplinären Vernetzung der Hilfesysteme erbringen», hält André Chavanne fest.
Eine Stelle noch vakant
Die vier Fachbereiche, die der scheidende Schoio-Geschäftsführer anspricht, zeigen auf, wie breitgefächert das heutige Angebot der gemeinnützigen Organisation, die 2018 aus der Stadt ausgegliedert und in eine AG überführt wurde, ist.
Das sozialpädagogisch betreute Wohnen (die stationäre Unterbringung im Kinderheim) ist nebst der Vermittlung von Pflegeplätzen und der Begleitung von Pflegefamilien nur ein Teil des Fachbereichs Betreuen, der bis auf weiteres von Tanja Lüdi geleitet wird. Dies, weil die Leitungsstelle dieses Fachbereichs derzeit vakant ist. Ebenfalls in der Obhut von Tanja Lüdi befindet sich der Fachbereich Bilden, dem die separative besondere Volksschule namens TAVOLA angegliedert ist. Schülerinnen und Schüler mit gewissen Verhaltensauffälligkeiten und/oder besonderem Bildungsbedarf finden hier ein auf sie zugeschnittenes Angebot und werden – im Idealfall – dazu befähigt, nach einer gewissen Zeit wieder ins System der Volksschule einzutreten.
Erste Ansprechperson ist Svenja Beck
Ein weiteres Angebot ist SCHOKITO, die Schulsozialarbeit in Kooperation mit der Jugendfachstelle ToKJO. Angegliedert ist SCHOKITO dem Fachbereich Beraten und Vernetzen unter der Leitung von Damaris Blum.
Svenja Beck heisst die Leiterin des Fachbereichs Begleiten. In ihrem Zuständigkeitsgebiet finden sich Angebote wie die sozialpädagogische Familienbegleitung, der begleitete Besuchstreff, die sozialpädagogische Tagesstruktur oder das Jugendcoaching. Svenja Beck wird überdies der Titel Prima inter pares zuteil. Das heisst, dass sie innerhalb des gleichgestellten Führungsteams die Rolle der ersten Ansprechperson übernimmt – beispielsweise gegenüber der Stadt Langenthal oder gegenüber dem Verwaltungsrat der Schoio AG.
Ergänzt werden die vier sozialpädagogisch geprägten Fachbereiche durch ein administratives Gefäss, den Fachbereich Verwalten. Diesem steht Sezgin Saygisever vor. Er kümmert sich unter anderem um die Finanzen, das Personal, die Infrastruktur und um die zentralen Dienste.
Menschen abholen und stärken
«Die einzelnen Fachbereiche sollen verstärkte Entscheidungs- und Handlungskompetenzen erhalten, um zusammen mit ihren Fachpersonen in den Teams die gemeinsame Fachaufgabe in grösstmöglicher Selbstorganisation umzusetzen», erläutert Svenja Beck anlässlich einer Pressekonferenz im Juli die Vorteile dieser neuen Führungsstruktur. Angestrebt wird ein kollegiales Geschäftsführungsteam, dessen Mission es ist, auch in Zukunft Menschen abzuholen und zu stärken – egal, wie sie in ihrem Leben gerade unterwegs sind. «Kindern und Jugendlichen in Not muss geholfen werden. Wir wollen für sie – aber auch für ihre Familien – einstehen. Sie sollen ein Teil unserer Gesellschaft werden», gibt das neue GL-Team einhellig zu Protokoll. Am Pressetermin sind die Motivation und das Engagement der Verantwortlichen spürbar. Das Bild passt zu den Aussagen von Verwaltungsratspräsidentin Regula Widmer. Über die Schoio AG schreibt sie im Jahresbericht 2023: «André Chavanne wird dem neuen Geschäftsleitungsteam im Sommer 2024 nicht nur eine erfolgreiche Institution übergeben, sondern auch ein Ort mit Herz.»
Hauskauf – neuer Schulraum am Schorehoger
Am Buchrain 1 in Langenthal, mehr oder weniger direkt unterhalb der Liegenschaft des ehemaligen Kinderheims Schoren, am Fusse des Schorehogers, hat die Schoio AG neu eine Liegenschaft erworben. Gewisse Räume des Hauses werden nun zum Schulraum umfunktioniert. «Ab Juli 2024 werden die Innenräume des Erdgeschosses für unsere Sonderschule TAVOLA umgebaut, ab Herbst 2024 kann der Schulbetrieb aufgenommen werden», heisst es auf der Website von Schoio. Die baulichen Massnahmen betreffen das Erdgeschoss. Alle Aussenwände bleiben unverändert, einzig auf der hinteren Gebäudeseite wird eine neue Eingangstür realisiert. Für den Schulbetrieb werden die Räume neu aufgeteilt. Es entstehen ein Eingangsbereich mit einem Flur und einem WC sowie ein Büro, das überdies eine kleine Küche enthält. Ausserdem entstehen ein Gruppenraum sowie ein Schulraum als Herzstück der Umnutzung. Die beiden darüberliegenden Wohnungen bleiben unverändert. Zu den Hintergründen: Die Schoio AG betreibt, analog der Sonderschulstrategie des Kantons Bern, die separative besondere Volkschule TAVOLA mit heute drei Schulklassen (vergleiche Haupttext oben). «Die neuen, zusätzlichen Räumlichkeiten sind ideal gelegen und bieten den geeigneten Rahmen für einen förderlichen Unterrichtsbetrieb mit einer kleinen Klasse», halten die Verantwortlichen auf der Website fest. Ab Herbst 2024 werden sieben Schülerinnen und Schüler in den neuen Räumlichkeiten unterrichtet. Neben Lehrpersonen betreuen auch Schulassistenten und Sozialpädagogen die Jugendlichen des dritten Zyklus (Oberstufe) aus der Region Oberaargau.
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