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«Langenthal ist das Rütli des 19. Jahrhunderts»

 

Mit einem zweitägigen Fest feierte die Offiziersgesellschaft Langenthal (OGL) am Wochenende ihren 175. Geburtstag und erinnerte dabei auch an die Bedeutung, die Langenthal bei der Entstehung der ebenfalls 175-jährigen Bundesverfassung gespielt hatte. Grössere Beachtung als die wichtige Historie dürfte bei der breiten Bevölkerung vor allem das abwechslungsreiche Rahmenprogramm mit Armeeparade, Diensthunden, Militärmusik und einer Ausstellung von Armeefahrzeugen gefunden haben.

 

Dieser Artikel erschien am 27. Juni 2023 in der Printausgabe der Lokalzeitung Unter-Emmentaler.

 

Überflüge der Patrouille Suisse: «Abgesagt!». Nein, die Flugzeuge der Schweizer Kunstflugstaffel kamen am Wochenende nicht nach Langenthal. Der Grund dafür ist inzwischen bestens bekannt: Mitte Juni touchierten sich bei einem Trainingsflug zwei Maschinen der militärischen Vorzeigetruppe. Der Vorfall ging glimpflich aus. Trotzdem: Öffentliche Auftritte so kurz nach einem Beinahe-Zusammenstoss kann man sich logischerweise aus dem Kopf schlagen; zuerst braucht es eine Aufarbeitung des Vorfalls.

Leidtragend war am Wochenende nicht nur die Jubiläumsfeier der Offiziersgesellschaft Langenthal, sondern ebenso das kantonale Schwingfest in Tramelan (BE) – auch dort wären Überfluge der Patrouille Suisse geplant gewesen. Als Ersatz konnten für die Feierlichkeiten in Langenthal immerhin kurzfristig die Fallschirmspringer von Swiss Parawings engagiert werden, eine weitere Elitetruppe der Schweizer Armee. Diese rückten mit dem Flugzeug an; fanden ihren Weg also eigentlich recht unkompliziert in den Oberaargau. Doch plötzlich gab es auch mit dem Publikumsauftritt dieser Spezialformation ein Problem.

Die Windverhältnisse am Samstagmittag waren schlichtweg zu unberechenbar. Angesichts heftiger Böen in Bodennähe verzichteten die Fallschirmspringer schliesslich auf ihren Absprung. Anstatt vom Himmel zu gleiten und punktgenau neben dem Feuerwehrmagazin beim Festgelände zu landen, kamen sie schliesslich einfach über den Landweg via Flugplatz Bleienbach mit ihrer Spezialausrüstung aufs Markthallenareal. So konnte die interessierte Bevölkerung am Schluss wenigstens doch noch ein bisschen auf Tuchfühlung gehen mit den Fallschirmspringern. Vor der Landung in Bleienbach war ihr Flugzeug im Tiefflug über das Festgelände geflogen – die anwesenden Gäste nutzten die Gelegenheit, um den Spezialisten von Swiss Parawings vom Boden aus zuzuwinken und ihnen wenigstens so ihre Bewunderung zu zeigen.

 

Alt-Bundesrat Schneider-Ammann nimmt Platz auf «seinem» Platz

Abgesehen von diesen beiden Malheurs trübte jedoch nichts die grossen Feierlichkeiten im Stadtzentrum. Im Gegenteil: Die Parade mit historischen Armeeformationen konnte bei perfektem Sommerwetter vom Wuhrplatz via Marktgasse zur Markthalle ziehen. Dieses Spektakel liess sich auch Alt-Bundesrat und OGL-Mitglied Johann Schneider-Ammann nicht entgehen. Der Oberst ausser Dienst hatte seinen Zuschauerplatz direkt vor dem Choufhüsi eingenommen, also auf «seinem» Platz, dem «Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann Platz». So zeigt es die wenig beachtete Tafel, die an einem der mittleren Laubenpfeiler angebracht ist, seit 2015 an.

Das Rahmenprogramm des Publikumsanlasses vom Samstag dauerte von 11 Uhr bis circa 16 Uhr. In diesem Zeitraum konnten auf dem Markthallenplatz eine Armee-Ausstellung sowie ein Pavillon mit historischen Hintergrundinformationen des Jubiläums begutachtet werden. Überhaupt war das Markthallenareal für die 175-Jahr-Feier der Offiziersgesellschaft Langenthal zu einer kleinen Festmeile umfunktioniert worden. Essensstände mit Käseschnitten, Pot-au-feu und Bratwürsten durften an diesem militärisch angehauchten Festanlass natürlich auch nicht fehlen. Ebenso wenig die Darbietungen von weiteren Armee-Spezialeinheiten. So konnten die Festbesucherinnen und Festbesucher während dreier Stunden das Können der Armee-Diensthunde bestaunen. Weiter waren Auftritte der hochkarätigen Swiss Armed Forces Big Band zu hören. Eine Festrede von Ständerat Werner Salzmann (SVP) sollte das Nachmittagsprogramm abrunden. Als Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats liess er es sich nicht nehmen, auf die seiner Ansicht nach sehr zugespitzte sicherheitspolitische Weltlage aufmerksam zu machen. «Wer heute Friede und Sicherheit will, muss parat sein, sich im Konfliktfall wehren zu können», sprach der SVP-Politiker zur Langenthaler Festgemeinde. Er redete davon, dass die Schweizer Landesverteidigung in den letzten Jahren kaputtgespart worden sei und man jetzt mit Panzern, Schutzwesten & Co. wieder aufrüsten müsse.

Für seine dezidierten Forderungen fand er im Publikum vermutlich noch mehr als bloss ein paar vereinzelte Anhänger – am Jubiläumsfest einer Offiziersgesellschaft dürften solche Ansichten da und dort grundsätzlich auf recht fruchtbaren Boden gestossen sein.

 

1500 Zuschauerinnen und Zuschauer auf dem Markthallenareal

OK-Mitglied und Kommunikationschef Peter Zulauf konnte am späteren Samstagnachmittag bereits eine positive Festbilanz ziehen. Knapp 1000 Leute hätten die Parade im Stadtzentrum mitverfolgt, und rund 1500 Zuschauer habe man auf dem Markthallenareal zählen können, so Zulauf.

Dem Publikumsanlass war am Freitagabend ein Festakt für geladene Gäste vorausgegangen. Dazu hatten sich hochrangige Persönlichkeiten aus Militär, Politik und Wirtschaft ausgangs Langenthal in der Reithalle Badgut eingefunden. Hans-Jürg Käser, ehemaliger Regierungsrat und Ex-Stadtpräsident von Langenthal, hielt die Festrede, in welcher er in Erinnerung rief, dass Langenthal gewissermassen «das Rütli der Schweiz im 19. Jahrhundert» sei. Was damit gemeint ist, führte in einer weiteren Rede Simon Kuert, Pfarrer und ehemaliger Stadtchronist, noch etwas genauer aus. Der Jubiläumsanlass solle nämlich insbesondere daran erinnern, dass zwischen der Offiziersgesellschaft Langenthal und der Gründung des schweizerischen Bundesstaates (ebenfalls vor 175 Jahren) eine starke Verbindung bestehe, so Kuert. Der Historiker hat dazu extra eine Festschrift verfasst, die aufzeigt, welcher Zusammenhang zwischen der Offiziersgesellschaft Langenthal und der Gründung der modernen Schweiz besteht. Er erwähnt darin unter anderem, dass sich Langenthal nach dem ersten eidgenössischen Offiziersfest 1822 eben zum neuen «Rütli des 19. Jahrhunderts» entwickelte. Denn hier wurde später der eidgenössische Schutzverein gegründet, welcher die neuen demokratischen Verfassungen der Kantone, wenn nötig mit der Waffe, schützen wollte.

Im Rahmen des Festakts am Freitagabend wurde die Festschrift eingeweiht. Musikalisch umrahmt wurden die Reden und die Buchvernissage vom Jodler-Doppelquartett Langenthal, vom Militärspiel Oberaargau sowie vom Tambourenverein Langenthal. Repräsentativ vertreten waren ausserdem die Berner Dragoner.

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